Pressekonferenz zur Welterbeernennung Erzgebirge bringt Emotionen zum Zeitpunkt der Entscheidung und Zukunftsvisionen auf den Tisch
Marienberg, 10.07.2019. „Diese letzten Stunden, Minuten und Sekunden waren aufgeladen an Adrenalin – schlussendlich nimmt der Chairman der Sitzung des UNESCO-Welterbekomitees den Hammer in die Hand und mit dem Schlag heißt es: in die Welterbeliste eingeschrieben“, erzählt Volker Uhlig, Vorsitzender des Vereins Welterbe Montanregion Erzgebirge e. V., von dem Augenblick, als in Baku am vergangenen Samstag 14:40 die Entscheidung zur Ernennung der Montanregion Erzgebirge/Krušnohoří zum UNESCO-Welterbe fiel.
Gemeinsam mit Prof. Dr. Helmuth Albrecht/TU Freiberg, Ines Hanisch-Lupaschko/Geschäftsführerin Tourismusverband Erzgebirge e.V. und Matthias Lißke/Geschäftsführer Wirtschaftsförderung Erzgebirge GmbH lud er heute Vormittag zur Pressekonferenz anlässlich der Ernennung ins Bergmagazin der Bergstadt Marienberg ein.
Die 16 Jahre der Antragsvorbereitung mit allen Auf und Abs seien ihm in dem Moment durch den Kopf gegangen – aber auch Szenen von Rückschlägen und Haare Rauferei, so Uhlig weiter. Jetzt sei es noch immer unfassbar, als Montanregion Erzgebirge/Krušnohoří in einer Weltliga mitzuspielen und neben Freiheitsstatue, und den Pyramiden von Gizeh genannt zu werden. In Baku hätte sich gezeigt, dass die Menschen der Region stolz sein können – stolz auf ihr Erbe, welches ihnen aus Jahrhunderten mitgegeben wurde und stolz auf das, was sie selbst bis heute daraus gemacht haben und nun auf die Weltbühne gehoben haben, so Uhlig weiter.
Die Einschreibung in die Welterbeliste der UNESCO ist Auftakt für die Aufnahme und Verstärkung einer nachhaltigen Entwicklung, Vermittlung und interkulturellen Verständigung. Damit beginnt die eigentliche Arbeit. Es geht um die Verpflichtung, die Welterbestätte grenzübergreifend zu schützen und den außergewöhnlichen universellen Wert für nachfolgende Generationen zu erhalten. Darüber hinaus bringt das Prädikat „UNESCO-Welterbe“ durch seinen hohen Bekanntheitsgrad und durch das weltweite Ansehen weitere positive Aspekte für das Erzgebirge mit sich. Aber bereits der Weg zum Welterbe mit all seinen Meilensteinen setzte in den vergangenen Jahren innerhalb der Region wichtige Impulse für die wirtschaftliche, touristische, gesellschaftliche und kulturelle Entwicklung.
Die Menschen – seit Jahrhunderten das Pfund der Region Erzgebirge
Der Menschenschlag der Region war von Beginn an ein wesentlicher Baustein, der das Projekt erfolgreich auf den Weg brachte. Das unterstreicht Prof. Dr. Helmuth Albrecht von der TU Bergakademie Freiberg, der das Welterbeprojekt vor allem fachlich intensiv begleitete: „Es war von vornherein klar, die Umsetzung der ersten Idee kann nicht von oben kommen, sondern das Projekt muss aus den Menschen heraus wachsen. Wir wollten Kommunen, Landkreise, Vereine, Ehrenamtliche und tschechische Partner mitnehmen. Das ist auch eine Erklärung dafür, dass der Prozess so lange dauerte. Stück für Stück konnten wir so die Politik überzeugen: die Menschen der Region wollen das Projekt. Und auch künftig wird unser Welterbeprojekt nur durch die Menschen hier leben und vorangetrieben werden. Da bin ich guter Dinge – wir haben gezeigt, dass wir zusammenhalten können.“ Mehr als 1.000 Menschen haben in den Jahren das Projekt begleitet und unterstützt.
Die Chancen – auf das Erzgebirge schaut die Welt
Welterbe werden ist das eine, Welterbe sein das andere. Darüber sind sich alle am Tisch einig. Man habe jetzt die große Chance, das Thema mit Leben zu füllen und den Menschen auf der ganzen Welt zu zeigen, welche Schätze die Region hat. Und zwar nicht nur bergbauliche, sondern auch kulturelle und industrielle, die alle eng mit der mehr als 800jährigen Bergbauhistorie verknüpft sind. So bringt der Welterbetitel nicht nur einen Schub für die Identifikation der Erzgebirger mit ihrer Heimat sondern auch enorme Chancen für eine Imageaufwertung durch ein weltweites Qualitätssiegel im Tourismus. Ines Hanisch-Lupaschko, Geschäftsführerin Tourismusverband Erzgebirge e.V. zeigt sich richtungsweisend: „Gemeinsam mit unseren touristischen Partnern und den Menschen in der Region ist es unser Ziel, diese interessante Weiterentwicklung nachhaltig zu gestalten, eine neue Qualitätsebene zu erreichen und erweiterte Gästekreise anzusprechen. Der gemeinsame Blick ist auf emotional authentische und erlebbare Angebote gerichtet, so dass ein Mehrwert für unsere Gäste geschaffen werden kann. Der Aufbau eines einheitlichen Qualitätssiegels wird als Prozess gesehen, der mit der Ernennung zum UNESCO-Welterbe beginnt und neue Impulse in der Region setzen wird.“ Gemeinsam wird man sich kommenden Herausforderungen stellen und sich gegenseitig unterstützen. Prof. Dr. Helmuth Albrecht spricht von einem touristischen Managementkonzept, bei dem die Konzentration auf die gesamte Region gesehen wird – „Heimat ist da, wo man sich wohlfühlt“ und dies gilt nicht nur für die Menschen im Erzgebirge, sondern auch für die Gäste in der Erlebnisheimat.
Die Agenda – von Zusammenhalt bis hin zu Infrastruktur
22 Bestandteile, von Kirchberg bis Altenberg und Ostrov bis Freiberg, gilt es künftig zusammenzuhalten, 17 Bestandteile auf deutscher und fünf auf tschechischer Seite, die nur gemeinsam ein Welterbe Montanregion Erzgebirge/ Krušnohoří sind. Matthias Lißke, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung Erzgebirge GmbH, zugleich mit der Geschäftsführung des Vereins Welterbe Montanregion Erzgebirge e. V. betraut, weiß, dass die Potentiale des Titels eng mit den Menschen der Region verbunden sind: „Der Welterbetitel ist Motivation und Chance für uns zugleich. Wir brauchen künftig die ganze Vielfalt und alle Partner, um den Titel für die Region in Wert zu setzen und das Erbe für unsere Folgegenerationen zu erhalten. Unser Slogan `Erzgebirge – Gedacht.Gemacht` trifft auch auf dieses Projekt zu.“ Neben dem Erhalt von Objekten müssten künftig auch eine bessere Mobilität, flächendeckend gut funktionierende Datennetze und eine erweiterte Einbindung der Region in Sachsens Marketing auf der Agenda stehen.“
Welterbetitel und neuer Bergbau – verträgt sich das? „Wir haben von Anfang an mit dem Oberbergamt zusammen gearbeitet und uns mit Kommunen und Behörden abgesprochen. Natürlich kann man kleinere Konfliktsituationen zukünftig nicht ausschließen. Aber: Wir haben für solche Fälle von Anfang an ein Konfliktmanagement eingeführt und im Vorfeld eine Welterbe-Verträglichkeitsstudie von einem unabhängigen Experten aus England anfertigen lassen. Dabei kam heraus, dass aktuelle Vorhaben nicht mit dem Welterbeprojekt kollidieren“, erklärt Prof. Dr. Helmuth Albrecht.
Ideen, Konzepte und Nachhaltigkeit
Eine Region weitergeben, wie man sie als Erbe übernommen hat und das Erbe an nächste Generationen in seiner Einzigartigkeit zu vermitteln - der Titel „UNESCO-Welterbe“ verpflichtet auch. Über Schulprojekte, denen sich vor allem der Förderverein Montanregion Erzgebirge e.V. verschrieben hat sowie Gästeführerschulungen wurde bereits vor der Entscheidung in Baku ein guter Grundstock gelegt. Ein einheitliches Beschilderungskonzept der mehr als 400 Einzelobjekte läuft aktuell. Ende Juli soll die Welterbe-App online gehen und Lust darauf machen, das Welterbe ganz individuell zu entdecken. Eine umfassende Broschüre bietet das entsprechende Hintergrundwissen. Viele Dinge gehen nicht von heute auf morgen, betont das Projektteam, seien aber bereits in der Konzeptentwicklung schon weit vorgearbeitet und würden in den nächsten Vorstandssitzungen intensiv diskutiert. Dazu gehört beispielsweise die Planung von Besucherzentren an noch nicht benannten Orten der Montanregion. „Das Projekt Montanregion Erzgebirge/ Krušnohoří ist das mit Sicherheit nachhaltigste Projekt, was wir je in der Region hatten, um unser Erbe, unsere erzgebirgische Genetik an die folgenden Generationen weiterzugeben“, fasst Matthias Lißke zusammen.
Foto: von links nach rechts: Matthias Lißke, Prof. Dr. Helmuth Albrecht, Volker Uhlig und Ines Hanisch-Lupaschko im Bergmagazin Marienberg.
Hintergrundinformationen:
Die Montanregion Erzgebirge/Krušnohoří reiht sich nun in die Welterbeliste mit 1121 Stätten aus 167 Ländern ein. Diesjährig hinzukommend erhielten 29 von 35 nominierten Stätten den Titel UNESCO-Welterbe. Darunter aus Deutschland auch das Augsburger Wassermanagement-System. Hinter dem Antrag der Montanregion Erzgebirge/Krušnohoří bzw. dem Verein Welterbe Montanregion Erzgebirge e. V. stehen drei Landkreise, 32 Städte und Gemeinden.
Weitere umfassende Informationen und Bildmaterial zum Welterbe Montanregion Erzgebirge/Krušnohoří sind in der digitalen Pressemappe zu finden:
www.montanregion-erzgebirge.de/pressemappe
WFE GmbH / Welterbe Montanregion Erzgebirge e. V.